EVERY BODY HERE
Künstlerin:
Tahmineh Monzavi
Tahmineh Monzavi begleitet mit viel Feingefühl und genauer Beobachtungsgabe die Transfrau Tina, die in ihren Fotografien spielerisch, mutig und voller Lebensfreude erscheint.
Die Künstlerin begegnete ihr im Rahmen eines Langzeitprojektes in einem Schutzhaus für Frauen in Teheran. Zunächst galt Monzavis Aufmerksamkeit dem Alltag im Haus, doch es war Tinas Präsenz und Lebensgeschichte, die sich eindrücklich in das visuelle Narrativ einschrieb und dem Projekt eine tiefere, persönlichere Dimension verlieh.
Tina verließ im Alter von fünfzehn Jahren ihr Elternhaus und hatte bis zu ihrem Tod keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie.
Aus kunsthistorischer Perspektive ist diese Serie nicht nur als dokumentarisches Zeugnis einer marginalisierten Existenz zu lesen, sondern auch als kritische Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Strukturen, die das Leben von trans* Personen im Iran maßgeblich prägen.
Schon in jungen Jahren erkannte Tina, dass ihre innere Geschlechtsidentität nicht mit dem übereinstimmte, was ihr bei der Geburt zugewiesen worden war. Als ihre Eltern dies bemerkten, brachten sie Tina in ein staatliches medizinisches Zentrum, das eine „psychosexuelle Störung“ attestierte – ein Moment, der von tiefer Ablehnung innerhalb der Familie geprägt war und zugleich ein Ausdruck dafür, wie sehr es in der Gesellschaft an Verständnis und Aufklärung über geschlechtliche Identität mangelt.
Im kulturellen Kontext des Iran steht diese medizinisch und juristisch anerkannte Transidentität in einem komplexen Spannungsverhältnis: Transsexualität ist zwar legal, jedoch mit massiver gesellschaftlicher Stigmatisierung und struktureller Diskriminierung verbunden. Die Ambivalenz staatlicher Toleranz gegenüber Transidentität – eine Anerkennung, die vor allem dem Erhalt gesellschaftlicher Geschlechternormen dient – wird in Monzavis fotografischer Praxis auf subtile, aber eindrucksvolle Weise sichtbar gemacht.
Tinas Porträt avanciert zu einer vielschichtigen Bildfläche, auf der sich Prozesse der Sichtbarmachung, Selbstermächtigung und Subjektwerdung von trans* Identitäten artikulieren. Jenseits traditioneller Repräsentationslogiken verweist das Bild nicht allein auf marginalisierte Lebensrealitäten, sondern lässt die autonome Gestaltung von Geschlecht als aktiven, kreativen Akt sichtbar werden. Inmitten struktureller Exklusion behauptet sich Tina als handelndes Subjekt – ihr Blick, ihre Haltung, ihre Präsenz zeugen von Resilienz, Würde und der performativen Kraft einer Identität, die sich normativen Zuschreibungen entzieht und eine eigene Bildsprache einfordert.
Leila Cheraghi
mit den historischen Bildern von Antoin Sevruguin
Jacqueline Weihe
PERFOrmANCE: DONNERSTAG 29.05.2025 UM 18 Uhr
Ausgehend von dem Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spannt sich eine performative Suche auf zwischen Auseinandersetzungen mit der eigenen Kindheit, Fragen, die sowohl damals als auch heute noch Gewicht haben und der Suche nach Zugehörigkeiten und Wegen die eigene Individualität zu finden und ausdrücken zu können.
IMPRESSIONEN